DIE BELMSK-BLOCKADE:
Im Roten Distrikt gehen die Lichter aus!

Sichtec sperrt nach Abriegelung Energie und Wasser
Einsatzleiter Hirken bestätigt: "Klappe zu, Affe tot!"
Friedensrat: "Der antikommunistische Schutzwall steht!"

(hc) Fünf Tage nach dem Beginn der vom Osnabrücker Friedensrat angeordneten Blockade des seit drei Jahren unter fester Kontrolle der Roten Volksarmee (RVA) stehenden Distrikts Belm-Schinkel trat die laufende Operation "Rotschild" heute um Punkt 12.00 Uhr in ihre letzte Phase ein: Über 2.000 Sichtec-Offiziere kappten und sprengten in einer konzertierten Aktion sämtliche Energie- und Wasserleitungen in den Distrikt, nachdem sie Belmsk in den vergangenen Tagen hermetisch vom Plex und der übrigen Welt abgeriegelt hatten. Friedensrat-Sprecher Heinrich Ossendorf (Distrikt Dodesheide) bestätigte auf der heutigen Pressekonferenz der Plexregierung im Beisein des berüchtigten Sichtec-Einsatzleiters Johann Hirken, der schon für die Befriedung der Netzer-Unruhen 2100 verantwortlich war (RUNNER'S RESORT berichtete), diese Maßnahme, nachdem Hirken mit den knappen Worten "Klappe zu, Affe tot" offiziell Vollzug gemeldet hatte! Ossendorf erklärte eine zeitlich derzeit unbeschränkte Fortdauer der Blockade und verkündete stolz: "Der antikommunistische Schutzwall steht!"

Stahlmauern und Stacheldraht, Sperrzonen und Minenfelder, Sichtec-Posten und Panzerfahrzeuge: Seit dem 21. September 2103 hat die Operation "Rotschild" des Friedensrates den Distrikt Belm-Schinkel in nur fünf Tagen in das größte Gefängnis der Allianz verwandelt: Das Verlassen oder Betreten von Belmsk ist, wenn überhaupt, nur unter Lebensgefahr möglich, der Sichtec wurde ein ausnahmsloser Schießbefehl erteilt. Die Belmsk-Blockade Seit heute sind die über 300.000 Einwohner des Roten Distrikts aber nicht einfach nur eingesperrt, sondern auch noch ohne jede Energie oder Wasser. Und das in einem Teil des Plexes, wo die große, überwältigende Mehrheit der Bewohner schon immer nur durch das illegale Anzapfen von Strom- und Wasserleitungen überleben konnte. Doch diese notwendigen Lebensadern sind jetzt tot, es gibt nichts mehr, was sich nun noch anzapfen ließe. Der Friedensrat hat damit ein Drittel der Einwohner Osnabrücks zu einem dunklen, kalten, trockenen Winter verurteilt und überläßt sie einfach ihrem Schicksal. Je länger die Blockade andauert, umso mehr Belmsker werden verdursten, erfrieren und verhungern. Die Politik nimmt den Tod gänzlich Unbeteiligter offenbar billigend in Kauf, um ein medienwirksames Spektakel lokaler Terrorbekämpfung zu inszenieren. Da ist es ganz sicher kein Zufall, daß im kommenden Jahr die Wahlen zum Osnabrücker Friedensrat anstehen. Die neuen und alten Kandidaten versuchen bereits jetzt, ihre menschenverachtende Blockade mit Zahlenspielereien als "mildestes Mittel der Terrorabwehr" zu verkaufen: Belm-Schinkel habe offiziell ja nur knapp 100.000 Einwohner, von denen in den letzten drei Jahren ohnehin fast 40% weggezogen seien; der verbliebene Rest müsse also folgerichtig als Sympathisanten-Pool der RVA gelten! Dabei ist es in Osnabrück seit jeher gang und gäbe, auch bekannte nichtregistrierte Bewohner in die Bevölkerungsstatistiken einzubeziehen: Selbst in den noch kürzlich herausgegebenen Verlautbarungen des Friedensrates wird die Einwohnerzahl Belm-Schinkels mit 334.400 angegeben. Das jüngste Signal ist damit mehr als nur deutlich: Der Friedensrat wird im äußersten Fall mehr als eine Viertelmillion Menschen für seine Blockade-Politik opfern!

Im Roten Distrikt der statistisch bereits Geopferten herrscht angesichts der Lage erstaunliche Ruhe. Zwar haben in den ersten zwei Tagen der Blockade mehrere hundert Menschen die noch provisorischen Sichtec-Sperren durchbrochen und Belmsk verlassen können, doch dabei handelte es sich wohl mehrheitlich um Auswärtige. Die RVA hat es in den vergangenen drei Jahren offenbar geschafft, die Belmsker auf ihre Seite zu ziehen und dem traditionell gesetzlosen Distrikt so etwas wie eine funktionierende öffentliche Ordnung zu geben. Natürlich erkennt man aus der Ferne die zahlreichen Volkspolizei-Streifen in den Straßen und ab und zu sind sogar Schüsse zu hören, die wahrscheinlich vereinzelten Plünderern gelten. Aber weder kam es bislang zu Ausschreitungen noch wurde wie in der Anfangszeit des Roten Distrikts eine Ausgangssperre verhängt. Wäre es anders, dann hätte man es bereits erfahren. Denn eines ist den Belmskern immerhin geblieben: Die Kommunikation mit der Außenwelt! Friedensrat und Sichtec haben gar nicht erst den Versuch unternommen, die zahlreichen, in den letzten Jahrzehnten wild entstandenen und illegalen Cybernet- und Matrixverbindungen zu unterbrechen, sondern sich mit der Abschaltung der nur wenigen offiziellen Kanäle zufrieden gegeben. Doch was ist Kommunikation schon wert, wenn es an dem Nötigsten fehlt? Sicher hat die RVA genug Generatoren, Notvorräte und Wasserreserven. Und bestimmt wird es auch in Belmsk eine Möglichkeit geben, das Grundwasser zu nutzen - so kontaminiert es auch sein mag. Aber wie lange werden sich die über 300.000 Eingeschlossenen mit diesem Mangel abfinden können? Wann wird die rote Ordnung zusammenbrechen und die Versorgungslage endgültig die revolutionäre Moral und das Durchhaltevermögen der gebeutelten Belmsker besiegen, wenn es nichts mehr zu Fressen gibt?

Auf der anderen Seite des Sperrgürtels wird man sich aber bald sehr ähnliche grundsätzliche Fragen stellen müssen. Zum Beispiel, wie lange sich die Friedensstadt Osnabrück die Belmsker Blockade überhaupt leisten kann. Einerseits politisch, andererseits aber auch schlicht finanziell. Denn Sperranlagen, zusätzliche Sichtec-Kräfte und -Panzerfahrzeuge gibt es eben nicht kostenlos. Und nur die Zukunft wird zeigen, wie sicher der "antikommunistische Schutzwall" tatsächlich ist und ob das eingesetzte Personal und Material dafür wirklich ausreichen. Zwar hat die Allianzregierung bereits angeboten, Teile der in der Osnabrücker Reinhard-Günzel-Kaserne stationierten Luftlandebrigade der Allianzstreitkräfte zur Verfügung zu stellen, aber der Friedensrat hat natürlich dankend abgelehnt. Der Einsatz von Allianztruppen wäre ein PR-Gau ersten Ranges für die so traditionell auf ihrer Autonomie bestehenden Friedensstadt und ihre politische Elite, die sich im nächsten Jahr der Wahl stellen muß.

Es wird sich zeigen, welche Seite dieser Blockade den längeren Atem hat. Und wie viele Menschen dafür sterben müssen.

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