DAS ENDE DES SERGEJ DRAGOW:
Schatten, hört die Signale!
War es das letzte Gefecht?

Tod des SVZO-Volkskommissars jetzt bestätigt
"Dragow-Familie" verliert den Unterweltkrieg
RVA besiegelt Niederlage des Alliierten
Ostbunker-Erben kämpfen um ihre Existenz

(hc/jr) Was in den Schatten der Friedensstadt nach den Ereignissen des 15. und 16. September 2102 bislang reine Spekulation war, ist jetzt endgültige Gewißheit geworden: Sergej Nikolajewitsch Dragow, RVA-Volkskommissar der "Sonderverwaltungszone Ostbunker", Volksdeputierter im "Bezirksdistriktrat Belm-Schinkel" und nicht zuletzt mutmaßlicher Mafia-Pate der sogenannten "Dragow-Familie", ist tot. Seine Leiche wurde bereits am 18. September 2102 im Stadtbezirk West der Freihandelszone Bremen in der Müllverbrennungsanlage Blockland still und heimlich beseitigt. Damit hat wohl nicht nur die Ära Dragow im Ostbunker ein gesichertes Ende gefunden, sondern auch der schwelende Unterweltkonflikt in Osnabrück nunmehr Sieger und Verlierer hervorgebracht: Der Triumph des russisch-italienischen Goliath scheint endgültig zu sein und die Davids des Ostbunkers können nur ihre eigene vernichtende Niederlage hinnehmen. Während die verbündete RVA den Überresten der "Dragow-Familie" deutliche Daumenschrauben angelegt hat und damit die Kapitulation ihres Alliierten besiegelt, bleibt der kleinen realsozialistischen Schattenwelt-Enklave nichts anderes übrig, als ihre zahlreichen erlittenen Wunden zu lecken und das entstandene Machtvakuum aufzufüllen. Die Zukunft der bekanntesten Schattenwelt-Institution der Friedensstadt ist damit einmal mehr ungewiß geworden.

Dienstag, 18. September 2102, 03.00 Uhr. Freihandelszone Bremen, Stadtteil Blockland. Ein Kleintransporter passiert den Kontrollposten der örtlichen Müllverbrennungsanlage und hält zielsicher auf das Zentrum des Komplexes zu: Den Verbrennungsraum. Vier Personen in schwarzen Anzügen verlassen das Fahrzeug und entladen gemeinsam ihre brisante und wohl sehr gewichtige Fracht: Die sterblichen Überreste des Sergej Dragow, eingewickelt in roter Plastikplane. Ob diese geradezu spiegelnde Sondermüllentsorgung nun eine Ironie der Geschichte oder gewolltes Ritual der Auftraggeber dieser bizarren Szenerie war, wird wohl ewig im Dunkeln bleiben. Ebenso wie genau jene Hintermänner, die man beliebig bei Russischer Mafia, La Cosa Nostra, Koyoten und sogar der Sichtec AG vermuten kann. Der schillernde Mafia-Pate Dragow fand jedenfalls ein erstaunlich stilechtes Ende: Auf eine Weise, die er bekanntlich selbst gerne zur endgültigen Beseitigung gelöster Probleme verwendete und eingebettet in die strahlende rote Farbe seines so gerne von ihm selbst gepriesenen realsozialistischen Unterwelt-Traums. Jetzt ist der Traum einer "Dragow-Familie" in der Rolle einer dritten Unterwelt-Großmacht im Osnabrücker Plex endgültig ausgeträumt. Auch wenn es erst kürzlich noch so schien, als hätte Dragow sich auf dem Höhepunkt seiner Macht und seines Wirkens befunden: Mit den Worten "Sie sollten uns mal wieder persönlich besuchen und sich ein genaues Bild machen" lud der rote Zar Anfang August in einem Interview (RUNNER'S RESORT berichtete) voller Selbstsicherheit zur Besichtigung seiner volksrepublikanischen Geschäftsvision ein. Wir nahmen ihn beim Wort und wurden vor Ort nicht nur Zeugen einer ganz besonders verwalteten Ostbunker-Zone, sondern auch der Krönung und überraschend zwangsweisen Abdankung ihres haßgeliebten Monarchen.

Bereits am 14. September 2102, dem Vorabend der mit Spannung erwarteten "Wahl" zum Volksdeputierten der "Sonderverwaltungszone" Ostbunker für den "Bezirksdistriktrat" Belm-Schinkel war die Sicherheit in der Schattenenklave sichtlich verstärkt worden: Das "Sicherheitszentrum" im Eingangsbereich glich mehr einer Verteidigungsstellung und die strengen Personenkontrollen erinnerten stark an die Zugangsschleusen auf Allianzflughäfen. Ohne "Volksidentitätsdokument" war an einen Einlaß nicht zu denken. Offenbar wollte man anläßlich des bevorstehenden "Volksentscheids" kein Risiko eingehen und Störmaßnahmen von politischen wie geschäftlichen Gegnern im Ansatz unterbinden. Besonders auf letztere hatte es des Volkskommissars allzeit gegenwärtiger Kettenhund, der "Abschnittsbevollmächtigte" der "Volkspolizei" Frog, ein ehemaliger Wetworker und Zuhälter, abgesehen: Während sein bestes Pferdchen, das Ex-Pornosternchen Kitty Kunt, die Eröffnung ihres neuen Bordells und Spielsalons zelebrierte, sorgte der selbsternannte Drogenfahnder auf seine ganz eigene Art und Weise für die Einhaltung der "Lex Dragow": Eine des Besitzes von "illegalen Substanzen" verdächtige junge Frau wurde kurzerhand in den Dienst des "Salon Kitty" gepreßt. Kurzer Prozeß und Zwangsprostitution - die schwach rotlackierte Fassade der angeblich sozialistischen Ordnung hielt nicht einmal oberflächlicher Betrachtung stand. Stattdessen: Business as usual, nur mit dem starken Beigeschmack volksrepublikanischer Doppelmoral im Stil einer autokratischen Kleptokratie. Unterwelt trifft Sozialismus. Die "Wahlen" am darauffolgenden Tag entpuppten sich dann auch unverhohlen als abgekartete Inszenierung: Alle Wahlberechtigten mußten ihre Stimme öffentlich abgeben und ihnen stand damit de facto nur eine Wahlmöglichkeit auf dem suggestiv aufgemachten Stimmzettel zur Verfügung: Ein "Ja" für Sergej Dragow. Erwartungsgemäß wurde der mafiöse Genosse dann auch mit deutlichen 100% der Stimmen zum Volksdeputierten der "Sonderverwaltungszone" gewählt und hielt daraufhin im Bunker Club eine Wahlparty ab, in deren Verlauf unter dem Jubel der Anwesenden demonstrativ Drogen im Wert von mehreren tausend Euro vernichtet wurden. Doch die Standing Ovations dauerten nicht sehr lange an: Durch eine Lücke in den offenbar doch nicht so ganz perfekten Sicherheitsmaßnahmen konnte ein Sprengsatz in der unmittelbaren Nähe des frisch gekrönten Volkszars plaziert werden, der aber von der Bunker-Sicherheit entschärft wurde. Dieses Wahlpräsent russischer Herkunft war aber nur ein schwacher Vorgeschmack dessen, was Dragow an diesem 15. September 2102 noch erwarten sollte: Am Abend hatte der Genosse Volkskommissar VIP-Besuch geladen, der sich als Delegation der verfeindeten Koyoten herausstellte! Besonders brisant: Auch der fast schon legendenumwobene Ober-Koyote Wheazle soll wohl vor Ort gewesen sein! Die hohe Abordnung der italienischen Handlanger hatte offenbar dasselbe vor wie ihr Verhandlungspartner Dragow, der bereits im Interview (RUNNER'S RESORT berichtete) angekündigt hatte: "Es ist schon lange überfällig, diesen lächerlichen Krieg zu beenden." Allerdings auf eine ganz andere Weise als Dragow sie wahrscheinlich im Sinn hatte: Die Verhandlungen gestalteten sich ausgesprochen kurz und als Schüsse fielen, waren der Volkskommissar und sein Abschnittsbevollmächtigter Frog bereits in den Händen von Wheazles Koyoten, die ihre Entführung mit einer spektakulären Flucht per Helikopter über das Dach des Ostbunkers abschlossen. Ob das Kidnapping in Zusammenhang mit dem mutmaßlich russischen Anschlagsversuch auf der Wahlparty zuvor stand, ist jedoch ungewiß. Der folgende 16. September 2102 wurde dann zum endgültigen Schicksalstag für Sergej Dragow: Mit dem arg lädierten Frog überbrachten die Koyoten nicht nur ihre ganz besonderen "Glückwünsche" zum 30. Geburtstag des entführten Volkskommissars, sondern stellten auch eine überraschende Forderung: Die Räumung des Bunkers gegen das Leben des gefangenen Ostbunker-Zaren! Ein spontaner Rettungsversuch unter Beteiligung von Runnern hinterließ nur vier tote Italo-Mafiosi und der Ostbunker blieb letztendlich doch in den Händen der verbliebenen Reste der "Dragow-Familie". Das ungeklärte Schicksal des Volkskommissars selbst war seitdem Anlaß für viele Spekulationen.

Heute ist klar, daß Sergej Dragow nicht mehr lange gelebt hat - seine Leiche wurde schon zwei Tage später in der Bremer Müllverbrennung beseitigt. Möglicherweise starb er noch am 16. September 2102, seinem 30. Geburtstag. Frog, der zweite Mann der "Sonderverwaltungszone" Ostbunker, fiel noch am selben Tag in ein Koma, aus dem er aber mittlerweile erwacht ist. Er befindet sich derzeit an einem unbekannten Ort in der medizinischen Rehabilitation. Das entstandene Machtvakuum hat Hack, der Boss der Ostratten, ebenfalls noch an jenem Schicksalstag ausgefüllt und den bisherigen Chef der Bunker-Sicherheit, Styx, zum neuen Geschäftsführer der Schattenenklave gemacht. Doch nicht nur personell ist im Ostbunker nichts mehr so wie es einmal war: Der Unterweltkrieg endet für die "Dragow-Familie" nach dem Tod ihres Oberhaupts mit einer vernichtenden Niederlage. Und im Gegensatz zum biblischen Vorbild muß David dieses Mal vor der schieren Übermacht Goliaths und seines alles entscheidenden letzten Schlages wohl oder übel kapitulieren. Denn auch die RVA, die weiterhin ihre schützende Hand über die "Sonderverwaltungszone" hält, hat die Botschaft der russisch-italienischen Allianz und ihrer Koyoten-Handlanger offenbar gut verstanden: Nichts geschieht in Osnabrück gegen ihren Willen. Und auch der "rote Distrikt" wird kaum an dieser geballten Unterweltmacht vorbeikommen. Das "Bezirkskommando" hat seinen Ostbunker-Verbündeten daher sehr deutlich gemacht, daß jede weitere Aggression seitens der "Dragow-Familie" zum Ende des getroffenen Schutzabkommens führen würde. Wie ernst es der RVA damit ist, zeigt die Tatsache, daß sie diese Information gezielt in der Schattengemeinde streut, um Dragows Erben jedwede weitere Aktionsmöglichkeit zu nehmen: Wer so gut wie tot ist, kann schließlich keine Runner mehr bezahlen, die für ihn arbeiten sollen. Damit ist die Niederlage der "Dragow-Familie" abschließend besiegelt. Sie ist zwar unter dem Schutz der RVA verhältnismäßig sicher, kann ihren Machtbereich in Osnabrück aber nicht ausdehnen ohne ihre Gegner anzugreifen und damit die völlige Vernichtung zu riskieren. Dragows Erben bleibt nur eines: Der Ostbunker. Doch auch dieser hat sich in den Wochen nach den schicksalhaften Ereignissen zunehmend als Minusgeschäft erwiesen. Vielleicht liegt es einfach daran, daß der traditionsreiche Schattentreff einmal zuviel bleihaltiger Brennpunkt der Ereignisse war. Möglicherweise wollen aber Russen, Italiener und Koyoten ihren Gegnern nach dem militärischen Sieg nun auch noch den wirtschaftlichen Todesstoß zu versetzen - unbestätigte Gerüchte sprechen jedenfalls von hohen "Prämien", die von den Koyoten für das Meiden des Ostbunkers bezahlt werden. Wer auch immer die Nachfolge von Sergej Dragow antreten wird, sei es der aktuelle Machthaber Hack oder der sicherlich bald zurückkehrende Frog, muß sich der neuen Situation stellen und eine Entscheidung treffen. Hoffen wir, daß er Einsicht zeigt und das Blutvergießen beendet - und nicht etwa einen neuen Krieg anzettelt. Wie Dragow im Interview (RUNNER'S RESORT berichtete) so treffend sagte: "Ich habe an dem festgehalten, was mir wichtig war." Sein Erbe sollte sich sehr genau überlegen, an was er festhält und was ihm eigentlich noch wichtig ist.

In Memoriam
Sergej Nikolajewitsch Dragow
2072-2102

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